Wie stabil ist Wellpappe? auf konsumguerilla.de

Wie stabil ist Wellpappe?

2017 starb ein berühmter Österreicher. „Big“ Otto Wanz war in den 1980er Jahren weit über die Grenzen von Österreich bekannt. Er errang am 29. August 1982 in Minnesota den Schwergewichts-Weltmeistertitel der American Wrestling Association. Kurz zuvor trug noch Hulk Hogan diesen Titel. Neben dem Wrestling war der sympathische Steirer, der unter dem Namen „Steamroller from Graz“ in Amerika in den Ring stieg, aber für seine außergewöhnliche Kraft bekannt. Neben drei Kraftweltrekorden, die er hielt war er für eine besondere Fähigkeit bekannt und schaffte damit auch einen Eintrag in das Guinessbuch der Rekorde. Er zerriss die dicken Bücher vor Publikum und bewies damit seine unbändige Kraft. Mit 1,89 Größe und einem Kampfgewicht von 175 Kilogramm hätter aber selbst Otto Wanz den kürzeren gezogen, wenn er sich mit moderner Wellpappe gemessen hätte. Die Pappe leistet heute Erstaunliches, aber wie stabil ist Wellpappe und warum ist die einfach Konstruktionso widerstandsfähig?

Papier falten

Ein einzelnes Blatt Papier wirkt harmlos und alles andere als stabil. Mit 80 Gramm pro Quadratmeter lässt normales Kopierpapier leicht falten und zerreissen. Anders sieht es aber aus, wenn mehrere Schichten Papier zusammenkommen. Diesen Umstand merkt man schnell, wenn man versucht das Papier mehmals zu falten. Mit normalen Mitteln ist das nur sieben Mal möglich. Mit einem normalen A4-Bogen kommt man nicht einmal so weit. Der Grund dafür ist vielfältig. Einerseits wird der Hebel immer kleiner, weil auch die Grunfläche jedesmal halbiert wird. Außerdem nimmt die Dicke exponentiell zu. Ein Blatt Kopierpapier hat eine Dicke von etwa 0,128 Millimetern. Faltet man es mehrmals, dann verdoppelt sich die Dicke jedesmal.

  1. Faltung: 0,256 Millimeter
  2. Faltung: 0,512 Millimeter
  3. Faltung: 1,024 Millimeter
  4. Faltung: 2,048 Millimeter
  5. Faltung: 4,096 Millimeter
  6. Faltung: 8,192 Millimeter
  7. Faltung: 1 Zentimeter und 6,384 Millimeter

Die Menge machts

Die ersten Faltungen sind kein Problem. Das Papier lässt sich problemlos knicken und der Falz wird einfach glattgestriffen. Mit zunehmender Dicke entsteht auch eine immer höhere Umschlagkante. Ein Teil des Papiers steht also senkrecht. Auch das macht das Falten nach dem 7. Mal unmöglich. Aber auch ohne diesen Umstand wäre es wohl unmöglich 128 Blatt Papier zu falten. Das Material ist extrem widerstandsfähig. Zumindest wenn es ausreichend dick ist. Stapelt man Papier übereinander um es widerstandsfähig zu machen, ergibt sich aber ein Problem. Das Material wird schwer. Das macht es gegenüber anderen Materialen weniger geeignet. Allerdings hat das Papier durch seine Flexibilität auch Vorteile. Es lässt sich leicht falten, rollen, oder in Wellen legen. So werden die Kräfte umgeleitet und das Papier viel stabiler als als einzelnes Blatt.

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Einfache Pappe kommt beispielsweise bei Schuhkartons zum Einsatz

Wie stellt man Pappe her?

Bei der Herstellung von Pappe werden mehrere Schichten Papier miteinander verbunden. Dazu werden sie entweder verklebt, oder gegautscht, also nass aufeinandergepresst. So entsteht Pappe unterschiedlicher Dicke und damit auch unterschiedlicher Festigkeit. Wie beim Papier erhöht sich auch bei der Pappe mit jeder Schicht die Stabilität, aber auch das Gewicht. Dicke Pappe kommt beispielsweise in Versandtaschen zum Einsatz. Als Karton sind sie aber selten im Einsatz. Einwandige Pappe ist relativ weich und nicht sehr widerstandsfähig. Sie ist allerdings auch sehr leicht und lässt sich einfach falten. Kartons aus einwandiger Pappe kommen bei sehr sehr leichtem Material, oder bei Material mit hoher Eigenfestigkeit zum Einsatz. So findet man solche Kartons etwa bei Schuhen, oder bei Umverpackungen für Papierstapel.

Wellpappe – Angewandte Physik

Einen Schritt weiter geht die Wellpappe. Die Idee dazu hat sich 1871 der Amerikaner Albert L. Jones in New York patentieren lassen. Schon 15 Jahre früher waren ähnliche Patente in England angemeldet worden. Jones war allerdings der erste, der das Material für Verpackungen vorgesehen hat. Die Idee ist einfach, aber genial. Auf eine feste Pappe wird eine zweite Schicht in Wellen aufgeklebt. Diese einfache Form der Wellpappe verbindet die stabile Pappe und eine federnde Schicht, die Druck ableitet. Das Prinzip der Bögen ist seit jeher in der Architektur um Einsatz. Eine stabile freitragende Konstruktion, die enormen Kräften standhält. Genauso passiert das in der Wellpappe. Die starre äußere Schicht verteilt die Kraft über eine große Fläche. Darunter liegt die gewellte Schicht, die den Druck abfedert und verteilt. Damit liegt bei einfacher Wellpappe die Flächenlast bereits bei 10 Kilogramm.

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Dass Wellpappe stabil und falbar ist, macht sie zur ersten Wahl, wenn es um Transportverpackungen geht

Mehrfachwellen – Stabiler Stapel

In der Paxis werden die Wellen von beiden Seiten mit Pappe verklebt. Das gibt der Konstruktion insgesamt Stabilität und verhindert, dass die Wellen leicht plattgedrückt werden können. Um die Stabilität noch weiter zu erhöhen werden mehrere solche Wellpappen übereinandergeklebt. Innerhalb einer Wellpappe finden sich so verschiedene Längen und Höhen von Wellen, die jeweils von einer Schicht Pappe getrennt werden. Flächenlasten von 50, oder mehr Kilogramm sind problemlos zu erreichen. Das Prinzip bleibt dabei unverändert. Die Pappe an der Außen- und Innenseite verteilt den Druck, die Wellen federn ihn ab und leiten ihn seitlich um. Dass das Prinzip funktioniert ist jeden Tag millionenfach bewährt. Wellpappe kommt als Versandverpackung überall auf der Welt zum Einsatz.

Versandkartons unterwegs

Die Kartons sind stabil und widerstandsfähig und gleichzeitig leichter als ähnlich festes Material. Außerdem lassen sie sich sehr gut falten und damit platzsparend lagern. Alle Gründe dafür, dass die kostengünstige Wellpappe heute den Versand dominiert. Allerdinsg gibt es bei diesen Kartons auch Schwachstellen. Auf der einen Seite verträgt Pappe keine Feuchtigkeit. Wird ein Karton also nass, dann verliert er seine Stabilität und reißt. Eine weitere Schwachstelle sind die Kanten. Hier ist der Karton geknickt und zumindest an einer Kante muss der Karton verbunden, meist verklebt werden. Neben den Kanten selbst ist die größte Schwachstelle aber der Verschluss. Vor allem der Boden des Kartons wird erst beim Falten verschlossen. Beim klassichen Karton werden dafür vier Flügel nach innen geklappt und meist mit einem Klebeband verklebt. Diese Schwachstelle wird bei modernen Kartons mittlerweile umgangen.

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Die Schwachstelle der klassischen Kartons ist der Boden. Beim Umzugskarton, aber auch bei modernen Versandkartons ist der Boden daher aus einem Stück Wellpappe

Umzugkartons – Origami 2.0

Wer schon einmal für Umzugskarton Ikea, oder andere Anbieter herangezogen hat, der kennt die Schwierigkeit. Fast jeder Hersteller hat eine eigene Technik und eine entsprechende Anleitung auf seinen Kartons angedruckt. Das Falten ist mitunter eine echte Herausforderung. Das Endergebnis kann sich aber sehen lassen. Während auf der Oberseite die üblichen vier Flügel entstehen ist der Boden nicht nur doppelt, sondern aus einem Stück. Bei vielen Umzugskartons sind auch die Seitenteile mit dem Boden verbunden. Hier sind die Grifflöcher angebracht und der Boden wird dadurch zusätzlich stabilisiert, wenn man den Karton hochhebt. Ähnlich funktionieren moderne Versandkartons. Dank hoher Ingenieurskunst werden die Kartons mit einem einzigebn Handgriff aufgeklappt und verfügen trotzdem über einen stabilen Boden. Damit sind Wellpappekartons eine sichere und stabile Form der Verpackung von Warensendungen.

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Karton kann komplett recyclet werden

Wie stabil ist Wellpappe?

Aber sehen wir uns einmal an, wie stabil Wellpappe wirklich sein kann. Das hängt in erster Linie von den eingesetzten Wellen ab. Die Wellen werden nach ihrer Wellenlänge und der Höhe eingeteilt und mit Buchstaben bezeichnet.

Hier eine Liste aller gebräuchlichen Wellenarten:

BuchstabeBezeichnungWellenlängeHöhe
AGrobwelle7,9 bis 10 mm4 bis 5 mm
BFeinwelle4,8 bis 6,5 mm2,2 bis 3,1 mm
CMittelwelle6,5 bis 7,9 mm3,1 bis 4 mm
DFeinwelle3,5 bis 4,8 mm1,9 bis 2,2 mm
EFeinstwelle2,6 bis 3,5 mm1 bis 1,9 mm
FMiniwelle1,8 bis 2,6 mm0,6 bis 1 mm
GMiniwelle0,1 bis 1,8 mm0,1 bis 0,6 mm
NMiniwelle0,4 mmnicht genauer festgelegt
Kmehr als 10 mmmindestens 5 mm
Wellpappe Normen

Die A-, B-, C- und E-Welle sind am meisten verbreitet. Sie kommen in Mehrfachwellen zum Einsatz. So ist eine EB-Welle ein Stapel aus einer E- und einer B-Welle. Auch die BC-Welle ist weit verbreitet.

Die Stabilität der Wellpappe wird höher, wenn die Welle größer wird. Also ist eine C-Welle stabiler als eine E-Welle. Die Kombination aus beiden ist dann auch stabiler als die einfache Welle. In dieser Tabelle findet sich die Flächenlast der verschiedenen Wellpappe-Sorten:

WellpappensorteFlächenlast in Kilogramm
Ebis zu 10 Kilogramm
Bbis zu 20 Kilogramm
Cbis zu 30 Kilogramm
EBbis zu 20 Kilogramm
BCbis zu 50 Kilogramm
Belastbarkeit von Wellpappe